Klimawandel und Artensterben erzwingen eine radikale Reform des an den Interessen von Jagdpächtern ausgerichteten Reviersystems
Die Landesregierung in Potsdam scheint Ernst zu machen mit ihrem Versprechen, die Jagd im Land Brandenburg grundlegend zu reformieren. Ein jetzt öffentlich gewordener Arbeitsentwurf aus dem Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz für ein neues Jagdgesetz deutet darauf hin, dass dort auf einen grundlegenden Paradigmenwechsel hingearbeitet wird. Die dominierende Stellung von Jagdpächtern im Reviersystem soll beendet werden. Dafür sollen Eigentümer land- und forstwirtschaftlicher Flächen in sehr viel größerem Umfang das ihnen zustehende Jagdrecht auch selbst ausüben oder ausüben lassen können. Die Flächenmindestgröße für die Selbstbejagung soll deshalb auf 10 Hektar heruntergesetzt werden. Im Bundesjagdgesetz liegt diese Grenze bei 75, in Brandenburg bisher sogar bei 150 Hektar. Damit sind 99 Prozent der Grundbesitzer von der Jagd auf ihrem eigenen Grund und Boden ausgeschlossen.
Verbunden mit dieser Wiedereinsetzung der Eigentümer in ihre originären Rechte muss die klare Unterordnung der Jagd unter Allgemeinwohlbelange sein, insbesondere mit Blick auf den Umbau unserer Wälder in klimaresiliente, strukturreiche Mischbestände, der ohne Naturverjüngung nicht gelingen kann. Künftig soll die Aufgabe der Jäger nicht mehr die „Hege“ von Schalenwild sein, sondern die Anpassung der Bestände an die Notwendigkeit einer natürlichen Waldentwicklung hin zu mehr Biodiversität.
Der Ökologische Jagdverein Brandenburg-Berlin (ÖJV-BB) kämpft seit seiner Gründung vor fast 30 Jahren für eine Jagdreform in diesem Sinne. Er steht dabei nicht allein. Auch große Naturschutzverbände wie der NABU oder die Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft (ANW) setzen sich für die gleichen Ziele ein.
Unter traditionellen Jägern hat der Arbeitsentwurf aus dem Ministerium einen Sturm wüster Polemik entfacht. Der Präsident des Landesjagdverbandes droht gar mit einem „Streik“ der Jäger.
Der ÖJV fordert die Landesregierung, insbesondere den zuständigen Minister Axel Vogel, dazu auf, sich von dieser unsachlichen Kampagne nicht beirren zu lassen. Sollten die Kernpunkte des jetzt öffentlich gewordenen Arbeitsentwurfes Gesetz werden, schriebe Brandenburg tatsächlich Jagdgeschichte – in einem guten Sinn.
Quelle: Ökologischer Jagdverein (ÖJV) Brandenburg-Berlin Foto: pixabay