Die Jahre nach 1945 stellten Frankfurt (Oder) vor gewaltige Herausforderungen: Die Stadt musste mit einer zerstörten Innenstadt, einer nur langsam zurückkehrenden Bevölkerung und gleichzeitig großen Mengen an Kriegsgefangenen, Geflüchteten und Vertriebenen fertig werden, während Wirtschaft und Infrastruktur schwer beeinträchtigt waren und die Befehle der sowjetischen Militäradministration umgesetzt werden mussten.

Nach der Bildung eines vorläufigen Magistrats im Herbst 1945 fand am 9. Oktober 1946 die erste konstituierende Gemeindevertretersitzung statt, in der Oberbürgermeister Oskar Wegener 50 gewählte Gemeindevertreter und den sowjetischen Stadtkommandanten Major Buckow begrüßte. Der Magistrat wurde schließlich in der zweiten Sitzung am 30. Oktober 1946 neu gewählt.
Die Protokolle dieser Zeit, beginnend mit der 7. Sitzung des vorläufigen Magistrats vom 30. Januar 1946, dokumentieren die vielfältigen Aufgaben der Stadtverwaltung: Von politischen Auseinandersetzungen wie dem Widerspruch der LDP gegen ihren Ausschluss aus Ratssitzungen über praktische Maßnahmen wie die Einführung einer Kinosteuer, den Bau der Oderbrücke und die Nutzung von Baracken als Arbeiterunterkünfte bis hin zu sozialen Fragen wie der Versorgung von Hinterbliebenen städtischer Beschäftigter und der Seuchenbekämpfung. Besonders bemerkenswert sind auch ungewöhnliche Aufgaben wie die Unterbringung der Kaiserwitwe Hermine von Preußen oder die Rückkehr evakuierter Bewohner des Gursch’schen Gestifts aus Sachsen.
Die nun digitalisierten Protokolle der Ratssitzungen und Stadtverordnetenversammlung von 1946 bis 1952 bieten einen einzigartigen Einblick in Frankfurts mühsamen Neuanfang nach dem Krieg und die komplexen Herausforderungen des Wiederaufbaus unter sowjetischer Besatzung.
Die Protokolle der Ratssitzungen und der Stadtverordnetenversammlung zählen zu den Schlüsselquellen der Stadtgeschichte. Sie sind Teil des Archivbestandes „Rat der Stadt Frankfurt (Oder) 1945-1952“. Die Protokolle sind mit Fördermitteln des brandenburgischen Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur digitalisiert worden und zusammen mit den Erschließungsinformationen des Gesamtbestandes im Archivportal-D online verfügbar gemacht worden (https://www.archivportal-d.de/item/KJX4O4753D6Q2OL7CNRTW7FXQOPTOXFB). Der Bestand dokumentiert die bauliche, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung Frankfurts bis zur Umstrukturierung zur Bezirksstadt im Jahr 1952.
Vorschaubild: Protokoll der ersten Gemeindevertretersitzung am 9. Oktober 1946, StAFF 2-121 Fol. 500 Bl. 2.
Quelle: Stadtverwaltung Frankfurt (Oder)